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IREB-Zertifizierung: Warum und wie wird man Requirements Engineer?

🕒 Lesedauer: 3 Minuten

Im Bereich des Requirements Engineering (RE) wird immer häufiger auch eine Zertifizierung gefordert, mit der das eigene Wissen und die eigene Erfahrung nachgewiesen werden kann. Mit einer Zertifizierung wird darüber hinaus auch ein einheitliches Vorgehen, nach diesem weit verbreitetem Standard im Requirements Engineering, definiert.

Was ist Requirements Engineering?

Requirements Engineering besteht aus Ermittlung, Dokumentation, Abstimmung, Prüfung und Verwaltung von Anforderungen. Anforderungen sind dabei alle Aussagen über Möglichkeiten oder Qualitäten, über die ein System verfügen soll. Zum Beispiel könnte es folgende Anforderungen geben:

  • Nutzer sollen sich per Username und Passwort einloggen können
  • Die Webseite soll im Normalbetrieb unter geringer Last, innerhalb von einer Sekunde, aufgebaut werden

Diese Informationen erfahren die Requirements Engineers von den Stakeholder:innen (alle Personen die Beteiligt sind oder ein Interesse am Produkt haben).

 

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Bild: Rolle eines Testautomation Engineers bei Testautomatisierungslösungen. (Klicken zum Vergrößern) [Quelle: Qytera]

Fallbeispiel

Im Folgenden werden an dem Beispiel "Nutzer sollen sich per Username und Passwort einloggen können" die Anforderungen untersucht:

Ermittlung

Ermittlung würde in diesem Beispiel bedeuten, von einem Stakeholder oder bestehenden Dokumenten alle notwendigen Informationen zur Anforderung zu erhalten.

  • Gibt es nur einen Nutzernamen oder auch eine E-Mail-Adresse zum Login?

Dokumentation

Die aufgenommenen Informationen würden dann so dokumentiert werden, dass diese umgesetzt werden können, beispielsweise in Form von Texten oder Prozessdiagrammen.

  • Es wird spezifiziert, was nach einem erfolgreichen Login passiert, ob es im wiederholten Fehlerfall eine Sperrung gibt, welche Logindaten es gibt (Nutzername, E-Mail-Adresse, Passwort) usw.

Abstimmung und Prüfung

Im Anschluss würden die im vorigen Punkt erstellten Dokumente einer Prüfung unterzogen werden, um sicherzustellen, dass diese korrekt dargestellt und alle wichtigen Punkte enthalten sind.

  • Es wird geprüft, ob die Dokumentation die Wünsche/Vorstellungen der Stakeholder:innen wiedergibt.

Verwaltung

Alle Anforderungen müssen danach in einem System verwaltet werden. Alle Dokumente und Informationen werden an eine Anforderung angehängt, es werden die (geplanten) Umsetzungen verlinkt und diese mit verwandten Anforderungen verknüpft und so weiter.

  • Verlinkung mit weiteren Anforderungen, beispielsweise einer "Passwort vergessen"-Funktionalität, und mit den Stories in der Aufgabenverwaltung (bei agilem Vorgehen); gegebenenfalls auch mit den Tickets zu gefundenen Fehlern, Tickets zu Testfällen etc.

 

Warum wird das Requirements Engineering benötigt?

Wie aus der unteren Grafik hervorgeht, wird das Beheben eines Fehlers umso teurer, je später dieser gefunden wird. Dies rührt daher, dass mehr Stellen - Programmierung, Dokumentation, Tests - geändert werden müssen und darüber hinaus gegebenenfalls auch Produktivreleases mit allen Nachteilen stattfinden müssen.

Aber nicht nur die Kosten, sondern auch die Zufriedenheit der Stakeholder:innen spielt in diesem Zusammenhang eine große Rolle. Wenn das Ergebnis nicht dem entspricht, was gewünscht, erwartet und angefordert wurde, sinkt die Lust oder Motivation, das entsprechende Produkt zu nutzen.

Davon abgesehen gibt es selbstverständlich auch Anforderungen, die sich aus Gesetzen, Normen und Standards ergeben. Wenn diese nicht eingehalten werden, gibt es eventuell keine Zertifizierung oder das Produkt darf nicht vertrieben bzw. genutzt werden. Es gibt also unterschiedliche Gründe, warum Anforderungen auf professionelle Art erhoben, dokumentiert und verwaltet werden müssen.

 

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Bild: Steigende Kosten durch fehlerhaftes Requirements Engineering. (Klicken zum Vergrößern) [Quelle: Qytera]

 

Welche IREB Zertifikate gibt es?

Das International Requirements Engineering Board (IREB) zertifiziert in drei Stufen des Certified Professional for Requirements Engineering (CPRE):

  • IREB Foundation Level
  • IREB Advanced Level
  • IREB Expert Level

Die Zertifikate bauen aufeinander auf, sodass für eine Zertifizierung im Advanced Level, das Foundation Level-Zertifikat benötigt wird.

Das IREB Foundation Level beinhaltet das Grundlagenwissen im Requirements Engineering, außerdem die nötigen Methoden und Techniken. Es bereitet Sie somit darauf vor, professionelles Requirements Engineering zu betreiben. Außerdem gibt es mit RE@Agile Primer ein Zertifikat im IREB Foundation Level, bei dem dargestellt wird, mit welchen Methoden und Techniken Requirements Engineering in agilen Projekten und Teams betrieben werden kann.

Im IREB Advanced Level können Sie sich dann tiefer in einzelne Bereiche einarbeiten:

  • Requirements Elicitation and Consolidation (E&C) - Erhebungs- und Konsolidierungstechniken
  • Requirements Modeling - Grafische Modellierung von Anforderungen
  • Requirements Management - Management von Anforderungen
  • Advanced RE@Agile - Besondere Methoden und Techniken für agile Projekte/Teams

Im IREB Expert Level gibt es keinen Lehrplan, für Experten im Requirements Engineering sind die Anforderungen besonders hoch und beinhalten mehrere Advanced Zertifikate, mehrjährige Berufserfahrung im Requirements Engineering sowie Trainer- oder Coachtätigkeit. Die Zertifizierung besteht aus einer Bewerbung, einer Hausarbeit sowie einer mündlichen Prüfung.

Wie bereite ich mich auf die IREB Zertifizierung vor?

Die IREB Schulung bereitet Sie bereits sehr gut auf die Prüfung vor. Durch ein Selbststudium können Sie sich darüber hinaus noch individuell vorbereiten und die Inhalte weiter festigen. In einem weiteren Blogartikel finden Sie Prüfungsfragen, Musterprüfungen und Tipps, wie sie sich auf die IREB Prüfung vorbereiten können.

Veröffentlicht am 19.April 2019

Aktualisiert am 22.April 2024

Mario Hanneken

Technical Test Manager, Trainer

Mario Hanneken hat sich nach 12 Jahren Entwicklungserfahrung auf die Bereiche Projekt- und Application Management fokussiert. Anschließend spezialisierte er sich auf das Testumfeld, wo er als Senior Consultant in der Rolle Technical Testmanager für die Qytera Gmbh tätig ist. Darüber hinaus ist er ISTQB-Advanced Level zertifiziert und zertifizierter Trainer.

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